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Historisches Pressearchiv

Kunstflugmeister Lochner über Weimar
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Kunstflugmeister Lochner über Weimar
Kunstflugmeister Lochner über Weimar
Er zeigte seinen Kameraden in Nohra die 47 Kunstflugfiguren der Welt
Der Deutsche Kunstflugmeister, Fliegerübungsstellenleiter Rudolf Lochner hält sich vorübergehend in Weimar auf und zeigte am Donnerstag, nachmittags zwischen 16 und 17 Uhr, seinen Fliegerkameraden in Nohr an sein Können, das ihm am 14. und 29. August 1937 in Dortmund den Titel eines Deutschen Kunstflugmeisters einbrachte.
Rudolf Lochner ist in Weimar kein Unbekannter. Schon 1935 machter er als Flieger in unserer Stadt von sich reden. Er schulte hier mit seinen Kameraden Graf Hagenburg, dessen Name zur Zeit auch im Munde aller Flugbegeisterten ist. Leider erlitt Graf Hageburg, wie wir bereits meldeten, bei Kunstflugvorführungen in Amerika einen verhängnisvollen Unfall bei einem schwierigen Rückenflug, der aber zum Glück für den hervorragenden Flieger noch gut abging. Am 19. Januar des vorhigen Jahres sahen wir diese beiden Kunstflieger auch anlässlich des großen und erfolgreichen Winterhilfsflugtages in Nohra, an dem sich auch Fluglehrer Wendel an den Kunstflügen beteiligte.
Zu Ehren unseres Kunstflugmeisters waren die Männer des Fliegerhorstes Nohra gestern nachmittag vor dem Rollfeld angetreten, um aus dem berufendsten Munde zu hören, welche phantastischen Leistungen mit einer Flugmaschine vollbracht werden können. Der junge Fliegernachwuchs kam aus dem Staunen nicht heraus, und das insbesondere, als Lochner mit seinem Bückner Jungmeister aufgestiegen war, um seine theoretischen Ausführungen nunmehr praktisch unter Beweis zu stellen. Auch das Offizierskorps sowie der Kommandeur des Fliegerhorsters Oberstleutnant Stapelberg, waren anwesend.
Kunstflugmeister Lochner, der übrigens Leutnant der Reserve der Luftwaffe ist, flog zuerst sein Kürprogramm, das er auch bei dem Wettbewerb um die Deutsche Kunstflugmeisterschaft in Dortmund vorgeführt hat. Es bestand aus einer Reihe der schwierigsten Figuren, wie zweieinhalbfache Rolle, verschiedene Turns, Lopings, Messerflügen usw., die alle in einer bestimmten Zeit erledigt werden müssen. Lochner benötigte 10,20 Minuten für dieses Kürprogramm. Wie schon bei den Deutschen Kunstflugmeisterschaften, zeigte lochner bei der Vorführung der schwierigen, miteinander verbundenen Flugfiguren eine meisterliche Ausführung. Dabei muß besonders berücksichtigt werden, daß gestern nachmittag stark böige Winde die Leistungen wesentlich erschwerten. In kaum glaubhafter Sicherheit meisterte Rudolf Lochner aber seinen kleinen schnittigen Doppeldecker, und alle seine Zuschauer waren voll von Begeisterung.
Nachdem Lochner das Kürprogramm beendet hatte, setzte er seine Flugvorführungen fort, indem er ein akademisches Flugprogramm vorführte. Es bestand aus über 25 Flugfiguren: Gesteuerte Rolle rechts und links, einfach gerissene Rolle, halber Überschlag, nach oben mit halber Rolle, gerissene Doppelrolle, dreifach gerissene Rolle, Rollenkreise, bestehend aus einer einzigen Zeitlupenrolle, Messerflüge, Fächerturns als Normallage zur Rückenlage, Fächer-Rückenturns aus Rückenlage zu Rückenlage, eineinhalb gerissene Rolle links zur Rückenlage, Immelmann-Rückenturns, einfache gestoßene Rolle, Zeitlupenrolle, Steoilrolle mit anschließendem Wirbelturns, doppelt gestoßene Rolle, Piruette rechts, Looping nach vorn, halber Überschlag zur Rückenlage und Rückentrudeln mit Vollgas. Schließlich flog Lochner noch eine Zeitlupenrolle in Bodennähe, einen Rückenflug und halben Überschlag nach oben mit den Rädern nach innen.
Dieses akademische Flugprogramm wurde den Nachwuchsschülern von einem Offizier während der Vorführung besonders erklärt.
Flugmeister Lochner gab uns in einem kurzen Intervie bekannt, daß die 47 Figuren, die er gezeigt habe, alles das enthalten, was überhaupt in der Welt im Kunstflug geboten werde.
Das akademische Programm habe er zu Instruktionszwecken besonders zusammengestellt. Flugmeister Lochner erinnerte sich im Verlaufe der Unterhaltung gern an seine Weimarer Zeit und an seine Kamerade, die seinerzeit den Weimarerer Flugsport mit fördern halfen. Sie alle, wie Graf von Hagenburg, die Wendels und auch Achgelis, haben überall in der Welt gezeigt, was deutscher Kunstflug darstelle. Auch bat Rudolf Lochner darum, allen Freunden und Bekannten, besonders auch denen in Lönnewitz, wohlselbst Lochner Flieger-Übungsstellenleiter ist, die herzlichsten Grüße zu übermitteln.
Gern erinnerte sich auch Lochner des erfolgreichen WHW.-Flugtages im vergangenen Jahre. In Lönnewitz betätigte sich Lochner mit Graf von Hagenburg zusammen. Wie uns Lochner weiter mitteilte, habe er auf Wunsch des Generalobersten Göring vom Leiter des Nationalsozialistischen Fliegerkorps, Christansen, die Führug über eine deutsche Kunstflugkette erhalten, die an allen großen Vorführungen im In. und Ausland teilnehmen werde. Neben Lochner als Führer gehören der deutschen Kunstflugkette Graf von Hagenburg und Olzmann an. Diese deutsche Kunstflugkette sei bis jetzt als einzige in der Lage die doppelt gerissene Rolle im Verbande zu fliegen. Eine Leistung die in der Ausführung ungeheuerliche Präzision erfordere.
Für seine meisterlichen Darbietungen dankte dem immer bescheidenen deutschen Kunstflugmeister der Kommandeur des Fliegerhorstes Nohra, Oberstleutnant Stapelberg, ganz besonders. Alle, die die Leistungen Rudolf Lochners bewundern konnten, waren voll des Stolzes über die deusche Flugkunst, deren hervorrangedster Vertreter vor ihnen stand. Bekanntlich erwarb sich Rudolf Lochner auch den Titel des holländischen Kunstflugmeisters. Einfach war es für Lochner nicht, den deuschen Meistertutel zu erwerben, denn knappauf folgte ihm in Dortmund Unteroffizier Falterbaum, Kassel, mit 563 Punkten und G. Friedrich, Sprottau, mit 532,3 Punkten. Lochner erhielt 567,5 Punkte. Die vier ersten der deutschen Kunstflugmeisterschaft flogen einen Bückner Jungmeister, ein kleiner Doppeldecker, dem man kaum ansieht, was er zu leisten vermag.
Weimar, als eine Stadt der neuesten Fliegertradition, ist erfreut über den Besuch des deutschen Kunstflugmeisters und hofft, ihn bald wieder bewundern zu können, vielleicht im Verlaufe einer größeren öffentlichen Flugveranstaltung.
h.

Bildunterschrift:
Links: Oberstleutnant Stapelberg dankt Kunstflugmeister Lochner für seine Vorführungen. - Rechts: Lochner in seiner Maschine nach den Darbietungen (Aufnahmen: Stopp)
Quelle: Thüringer Gauzeitung (historisch) vom 17.09.1937 | Autor/in: H.263 Mal gelesen seit 19.11.2023