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Historisches Pressearchiv

Weimar im europäischen Luftverkehr
Der Verein Flugplatz-Nohra e.V. macht zu Zwecken der Wissenschaft, Forschung und Lehre historische Zeitungsartikel zugänglich. Der Verein Flugplatz-Nohra e.V. distanziert sich ausdrücklich von allen rassistischen, antisemitischen und weiteren diskriminierenden Inhalten sowie von gewaltverherrlichenden und propagandistischen Darstellungen.
Weimar im europäischen Luftverkehr
Weimar im europäischen Luftverkehr
Einer Einladung der Aero-A.-G. folgend, besuchte ich kürzlich Leipzig, um die Einrichtungen des Leipziger Flughafens kennen zu lernen. Auf dem Wege zum Hafen in einem Riesenautobus, der zugleich der Zubringer für die Fernfahrten ist, wurde bereits durch den Vertreter der Firma, Herrn von Klausbruch (früher Marineflieger, jetzt der bekannte Nachtflieger auf der Strecke Stettin-Stockholm und demnächst Führer des Riesenflugzeugs "Dornier-Wal" mit 360 PS auf ebengenannter Stecke) eine Einführung gegeben. Auf dem Flugplatz herrschte lebhaftes Treiben; etwa 15 Riesenvögel standen startbereit und donnerten mit ihren Maschinen. Der Fahrdienstleister, Herr Alberti, hatte Mühe, der Besucher und Fernfahrtgäste Herr zu werden; die Maschinen für Danzig, Hannover und Bremen mußten "fertig gemacht" werden, da die Pünktlichkeit auch im Luftverkehr innegehalten wird, wenn auch in diesem Element keine Zusammenstöße zu befürchten sind, wenn einem die "Zugfolge" zu dicht würde. Die Maschinen waren wundervolle Typen deutscher Arbeit. Man sagte mir aus Kenntnis der Verhältnisse heraus, daß die deutsche Luftfahrerei auf einer die Alliierten weitaus überragenden Stufe stehe. Was heute tatsächlich mit Erfolg und Sicherheit fliegt, ist deutsches Material. Bei allen Schikanen der Militärkontrolle ist doch auch ein Ende dieser Kriegshinterlassenschaft abzusehen. Die Welt kann und will auf die Dauer nicht auf Deutsche Initiative verzichten. Wir wollen ja auch nur die eine Seite des Luftverkehrs ausdehnen, d. h. die Verkehrsfrage lösen; die kriegerische Seite sei den Staaten überlassen, die immer von Abrüstung reden und rüsten!
Es wird jedenfalls nie ein "Reisetyp" dabei herauskommen, wenn man beiden Seiten gerecht werden will; entweder Bombenflugzeug oder Reisetyp. Die großen Linien, die in Arbeit sind, und die, die noch kommen sollen, wie z. B. Hamburg-Rom oder Gleiwitz-Dresden-Erfurt-Frankfurt-Ruhrgebiet, gehen nun so nahe in jeder Richtung an Weimar vorbei, daß es unbedingt eine Pflicht ist, hierauf beizeiten jeden, der ein Interesse an der Entwicklung Weimars hat oder von "Amts wegen" haben sollte, hinzuweisen. Das große Ziel muß erreicht werden, Weimar, das an der Hauptbahnstrecke liegt, auch an die Hauptluftlinie zu bringen. Die besagten großen Routen sind leicht an Weimar zu binden; sie dürfen nicht vorbeiführen, sondern die Anlagen in Weimar sind so auszugestalten, daß die großen Flugzeuge hier einen Hafen finden, der bei Tag und Nacht sichere Unterkunft bietet. Die in Frage kommenden Stellen müssen beizeiten Schritte tun, damit Weimar Hauptflughafen der erwähnten großen Linien und der eventuell kommenden Linie Berlin-Frankfurt wird. Die bei der Besichtigung virliegende Karte Europas zeigte mit Baumwollfäden in verschiedenen Farben die großen Routen; Weimar lag leider immer "daneben": Es hat zuweilen fast den Anschein, als ob das manchem in der Stadt ganz recht wäre. Aber mit der Devise; "Ich will mei´ Ruh´ ham", sitzt man bald abseits und dankt auch in keiner Weise den Pionieren des Verkehrs, die ihr Leben einsetzend und dafür, wie versichert wurde, nicht einmal perkuniär sehr gut dastehen.
Welcher Idealismus beseelt diese Männer, die seit 1919 in der Industrie ihre Kriegskenntnisse verwerten und heute einfache Luftchauffeure sind, denen man sich aber gern anvertraut, weil sie unbedingt zuverlässig sind. Die Zustände im englischen und französischen Luftverkehr sind ja bekannt. Wir erfahren nicht einmal, was alles passiert; nur die offenkundigen Unfälle werden bekannt. Das Material ist nach zuverlässigen Ausfragen minderwertig. Es ist also das eine Tatsache, daß die deutsche Fliegerei funktioniert, wenn auch vorerst die Untoten nie gedeckt werden; aber die Firmen Junker, Dornier und Fokker arbeiten trotzdem, weil sie an die deutsche Zukunft der Verkehrsfliegerei glauben.
Um nun einen Begriff von einer Fahrt mit solch einem Riesenvogel zu bekommen, bestiegen wir den Dornier E516, einen Achtziger, in dem sogar das intime Kabinett nicht vergessen war, da der Deutsche eben an alles denkt. Sanft wie eine Taube erhob sich der Vogel, in dem noch einige lustige Mitglieder des Leipziger Operettentheaters Platz genommen hatten. Ohne einen Stoß oder ein Schanken flogen wir dahin, so daß man den Wunsch hatte, nie wieder "ins Tiefland" zurückzukehren. Aber alles hat ein Ende.
Diese Zeilen sollen aber nicht eine Luftfahrt beschreiben, denn das ist ja bald etwas Alltägliches für den modernen Menschen, sondern den Weimarern zeigen, daß Weimar auf dem Wege ist, beiseite zu stehen, wenn nicht die Flughafenfrage energisch angefaßt wird. es muß vermieden werden, daß Weimar hinter den anderen Städten zurücksteht; deshalb muß die Losung sein: Weimar ein großer Flughafen für den Transeuropaluftverkehr.
E.
Quelle: Deutschland (historisch) vom 17.03.1925 | Autor/in: E.1682 Mal gelesen seit 19.11.2023